Ankunft des Zuges, Bahnhof Kaliningrad

Unser Hotel im ehem. Forstamt Neu Sternberg

Am alten Bootsanleger bei Laukwargen

Wasserspiegelungen in der Laukne

Am Anfang der Kanutour durch die Elchniederung

Waldsee mit dem schwimmenden Seerosenfeld

Es geht weiter auf einem kleinen Waldkanal der Elchniederung

Die erste Kunutour ist zu Ende

Die Laukne bei Schenkendorf

Kleiner Friedrichsgraben

Das Baden im Hochmoor

Weisse Seerose

Fleischfressender Sonnentau

Während der zweiten Kanutour

Über uns schwebt ein Seeadler

 

 

 

 

 

 

Reisebericht "Individualreise rund um das Grosse Moosbruch" von Ulrike (Uli) Eith, Freiburg, Juli 2008

Ebenen – die verlornen

Dörfer, der Wälder Rand.

Und ein dünner Rauch

in den Lüften,

steil.

(Johannes Bobrowski)

In Berlin ist es kühl und trüb.

Der Zug nach Kaliningrad fährt ab Lichtenberg - langsam füllt sich der Bahnsteig, schließlich rollt der Zug ein. Schöne Farben, blaue Innendekoration im luxuriösen Zweier-Schlafabteil.

Wir sind gespannt: sicher verstaut das Geld für die Reise, in der Erwartung, dass es so laufen wird, wie es uns nach dem Austausch vieler, vieler e-mails geschrieben wurde: „Sie werden von uns neben dem Bahnsteig erwartet, herzlich begrüßt, abgeholt und zum Hotel gebracht. Haben Sie bitte keine Sorge! (…) mit herzlichen Grüßen aus dem sönnlichen Kaliningrad.“

Wir sind zwei Damen, nun, wie sagen wir, „Generation 50+“, Deutschland lassen wir jetzt hinter uns, als wir in die fallende Nacht rollen - wir haben uns eine ganz individuelle Reise nach unseren Wünschen zusammenstellen lassen, und sind sehr neugierig und erwartungsvoll. Auch ein wenig aufgeregt.

Nun, am Bahnsteig steht nach 15 Stunden Fahrt und erholsamem Schlaf im Abteil der Eisenbahn ein sehr freundlicher junger Mann, der uns auf komfortabelste Weise ins Hotel bringt, ein ehemaliges Forsthaus in der Nähe des großen Moosbruches und der Elchniederung, die wir kennen lernen wollen.

Wir haben Zimmer, die in Ordnung sind, erhalten Essen, das gut schmeckt, sind also gut untergebracht.

Im Dorf unternehmen wir jeden Abend und am freien Tag endlose Erkundungsspaziergänge - es gibt so viel zu sehen - Gärten voller Blumen, kleine Katzen, die sich an die Fersen von Ulrike heften und mitgenommen werden wollen, Birkenwälder, eine ehemalige deutsche Kirche, ein alter Friedhof mit Fotos derer, die in ihm begraben sind.

Am Abend der Ankunft hat es heftig geregnet. Die Straßen sind voller riesiger Pfützen, in denen sich das Abendlicht fängt. Die Erde dampft, Nebeldunst hängt über den Feldern.

Es ist sehr Sommer. Kinder, blond, mit Erde verschmiert, kauern mit dem kleinen Hund am Rand der Pfützen. Es ist sehr Sommer. Am Morgen zwitschern die Schwalben, die Luft ist kühl, das Grün der Bäume üppig und voll.

Am 1.Tag werden wir um ½ 10 vom Chauffeur abgeholt, wie künftig  jeden Ausflugstag, und zum Schiff an den Hafen von Pollesk, Labiau, gebracht. Es regnet in Strömen. Und  da erfassen wir erst das volle Ausmaß der manpower, die uns umsorgt: Da ist Sergei, der Schiffsführer. Da ist Eugen, unser Wanderführer. Alexej, der Schiffskoch. Und Alexander, der Fahrer… Sergej und Eugen sprechen perfekt deutsch. Ich brauche - leider - mein Russisch gar nicht…

An diesem ersten Tag werden wir nach einer Schiffsfahrt auf der Nemonien mit Eugen ausgesetzt am Ufer, bei einer verfallenen Brücke. Eingehüllt sind wir von Kopf bis Fuß und sprühen uns zusätzlich ein mit Ant-Mücken-Spray. Sergej bietet Mückenhüte an, die wir aber ablehnen. Auf und neben einem alten Damm, durch ehemals besiedeltes, nun völlig überwuchertes Land gehen wir einige Stunden. Von oben Regen, von unten Sumpf, Mücken überall - es ist wunderbar. Immer wieder sind alte Telegrafenmasten zu sehen. Man sieht die früheren Entwässerungsgräben, die das Land vor der Versumpfung schützten - jetzt sind sie fast zugewachsen, bieten Raum für eine wilde Vegetation.

Am Ende der Wanderung finden wir die Reste eines früheren deutschen Dorfes: Ziegel, Tonscherben, Mauerreste. Und kommen an einem alten Schiffsanleger heraus - dort wartet das Schiff.

Von der Badeplattform des Schiffes aus schwimme ich im seidenweichen Moorwasser, das die Russen Bernsteinwasser nennen. So kann ich auch die weißen Seerosen aus der Nähe betrachten, an denen wir mit dem Schiff vorbeigefahren sind. Und dann gibt es feine warme Suppe, Makkaroni mit Fleisch, Gemüsesalat und danach heißen Tee in der Kabine.

 

Am Montag, dem 2.Tag, wieder eine Schifffahrt, diesmal in der Sonne, am Bug sitzend. Wir sehen Eisvögel, Entenvögel, Kalmus und Schilf, und endlose Wälder. Heute wandern wir zuerst auf einer wunderschönen alten Eichenallee, die früher zu einem Forsthaus führte - und dann auf einem Weg, der heute mehr über freies Land führt. Wie hier meist, muss man sich an die Dämme halten. Wir haben weite Blicke über völlig unbesiedeltes Land. Es ist trocken, die Schwüle nimmt aber zu. Als wir ankommen, hat Sergej einen Elch gesehen - wir nicht, wie schade. Dafür sehen wir Angler, die irgendwie den Weg in diese Wildnis mit dem Auto finden. Die Automarken sind sehr vertraut, sehr viele Audis, auch Mercedes, alle älteren Baujahres. Ihre Eigentümer bauen sie selbst um und um, kennen jedes Detail und jede Schraube. Im Wettbewerb, wer das älteste Auto hat, sind Ulrike und ich aber auch nicht gerade auf dem letzen Platz...

 

Wieder schwimmen, wieder essen, und dann prasselt der Regen los. Wir fahren wie im Mutterbauch, gewiegt unter dem prasselnden Regen, bis zu einer Stelle, wo diesmal Alexej, der Fahrer, wartet. Er steht im Regen, als wir anlegen, mit einem riesigen Regenschirm…

 

Der 3.Tag ist frei. Wir erkunden die Umgebung des Dorfes. Und erfahren kasachische Gastfreundschaft: An einem Haus wird gearbeitet, und heftiges Winken lädt uns ein. Wir sind misstrauisch, winken ab, aber als eine Frau am Fenster auftaucht, fassen wir Vertrauen und treten ein. Wir bekommen Tee und alles, was der Haushalt gerade bietet: Bonbons, selbstgebackenen Kuchen, geröstete Brotwürfel, getrocknete Quarkkügelchen (kurt, eine kasachische Spezialität), Heidelbeermarmelade, Himbeeren aus dem Wald, Honig. Olga kommt jedes Jahr im Sommer aus Kasachstan für 3 Monate zu ihrem Sohn und bereitet alles auf Vorrat zu für ihn, seine Familie und seinen Bruder, die in der Kaliningrader Oblast leben. Wir gehen ganz beseelt davon, noch zusätzlich beschenkt.

 

Der 4. Tag ist Kanutag. Ich sehe ihm bang, Ulrike freudig entgegen. Heute fahren wir zuerst sehr weit mit dem Auto, bis in die Elchniederung. Eine wiederum ganz andere Landschaft, ganz flach, die Bäume am Horizont sind wie kleine Spielzeugnädelchen auf die Horizontlinie gesteckt. Weite leere Flächen, in der Ferne Waldsäume. Ganz gelegentlich ein Haus, ein Dorf. Eine Siedlung, die früher Stadt war, die entsprechenden Gebäude hat, in der aber nur wenige Menschen und Autos unterwegs sind.

 

Wir  halten wiederum an einem alten Hebewerk. Dort werden die Boote aufgepumpt und wir zuerst ins Wasser gelassen. Unsere Ritter folgen, begleiten uns in sicherem Abstand, damit wir nicht verloren gehen. Ruhiges Gleiten auf einem Wasser fast ohne Strömung, schöne Blicke. Es ist still, kein Schiffsmotor wie sonst. Nach der Rückkehr bekommen wir unsere Lunchpakete - sehr willkommen! Wir und die Kleidung trocknen in der heißen Sonne.

 

Am 5. Tag ist wieder Wandertag - im Hochmoor. Seltenste Pflanzen, der Geruch von Sumpfporst füllt die Luft. Blänken, so werden die Moorseen genannt, sie blinken, sie sind übersät mit weißen Seerosen.

Wir finden Preiselbeeren, Himbeeren, Blaubeeren, Krähenbeeren. Der Boden schwankt bei jedem Schritt. Und ich kann wieder einmal in ein wunderbar weiches Wasser eintauchen. Auch die Mücken lieben diese Gegend.

 

Am 6. Tag werden wir mit detaillierten Anweisungen im Kajak ausgesetzt und fahren einige Stunden ganz allein auf dem Wasser. Über uns schwebt ein Seeadler. Zwischenhalt an dem Anleger, den wir schon kennen. Wir sind ganz allein - den ganzen Tag treffen wir keine Menschenseele. Da ist nur der Himmel, das Wasser, das Grün und das Weiß der Seerosen.

Danach eine weite Heimfahrt wiederum, durch alte Orte, die einst Zentren des Handels waren und nun Verlassenheit verströmen. Wir machen Rast in einem Ort, kaufen uns Eis und betrachten das warme Abendlicht auf dem alten Pflaster, in dem noch die Reste der Gleise einer Kleinbahn zu sehen sind, die es schon sehr lange nicht mehr gibt….

Wir kommen in unser Hotel, nun schon vertraut mit all seinen Schwächen, müde und hungrig und doch satt. Satt von Licht und Wasser und Schönheit. Noch ein Abendgang durchs Dorf, und dann dem Abschied entgegenschlafen.

E-Mail: ulrike.eith{at}gmx{dot}de

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